top of page
Gedanken eines Aspergers
 
Mache mir viele Gedanken. Reflexion ist wichtig.

Ich habe ein hohes Sicherheitsbedürfnis. Stabilität, auch emotionale Stabilität im Umgang mit anderen Personen, ist für mich extrem wichtig.

Viele gesellschaftliche/soziale Situationen machen mir Angst, wo andere nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden.
 
Was ist denn richtig?
 
Souveränes Auftreten ist stets Pflicht. Und - ermüdend.

Und doch der Wunsch, der bleibt: Offen darüber sprechen zu können. Und, leider, oftmals nicht können.

Gesichtsblindheit, auch dieses Phänomen begleitet mich ständig. Es ist sicher niemals Absicht, wenn ich jemanden nicht grüsse. Doch wie erklärt man das einer Person an der Arbeitsstelle, die man zum dritten Mal hintereinander nicht erkannt hat? Wie erklärt man glaubwürdig, dass dies sicherlich keine Absicht war?


 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedanken eines Aspergers

Asperger - eine Diagnose mit Folgen. Dankbarkeit, endlich so vieles verstehen zu können. Die Dankbarkeit überwiegt. Dann die vielen Gedanken, endlos, Fragen. Wem soll man es mitteilen? Kein Gefühl dafür. Wie damit umgehen? Auch kein Gefühl dafür.

Tage, an denen ich eins zu eins dem Lehrbuch entspreche.
Tage, an denen ich mich völlig "normal" wahrnehme.

Gemäss offiziellem Bericht habe ich es nur in der Intensität leicht bis mittel. Nicht wirklich stark also. Man nimmt mich grundsätzlich als "normal" wahr. Ich bin sehr offen, kommunikativ, niemand merkt etwas.
 
Doch dann, in gewissen Situationen, fehlt den anderen das Verständnis für meine etwas anderen Verhaltensweisen. Ich bin anders, verhalte mich teilweise anders, nehme Situationen anders wahr. Meide Menschenmengen, meide generell körperlichen Kontakt. Bin innerlich unsicher in diversen sozialen Situationen, unsicher, wie ich mich "richtig" verhalten soll - doch versuche immer, soweit möglich, es gegen aussen nicht zu zeigen. Bin zu direkt, muss ständig aufpassen, was ich sage. Wie ich etwas formuliere. Merke es erst, wenn es zu spät ist, merke es an der Reaktion des Gegenübers. Das fährt mir ein. Wie ein Blitz in die Magengegend und ich weiss: Wieder falsch. Traurigkeit. Was soll ich tun?
 
Asperger hat auch seine Vorteile: Ich bin korrekt, ehrlich und treu. Nicht obrigkeitsgläubig. Ein grosses Organisationstalent. Habe ein Flair für alles, was mit IT oder Sprache zusammenhängt. Eine hohe Konzentrationsfähigkeit und überdurchschnittliche Intelligenz. Schnelles Denken. Ein gutes Gedächtnis und eine gute Beobachtungsgabe. Bin an allem interessiert, detailgenau und liebe Ordnung. - Alles Eigenschaften, die ich nicht hergeben würde. Eigenschaften, die mich freuen.

Die generellen Fragen, die sich stellen: Wem soll man es mitteilen? Mit wem darüber reden? Ist es eher von Vorteil oder erlebe ich danach Ablehnung? Denn eigentlich bin ich ja grundsätzlich normal, nur ein wenig anders, speziell. Denn wissen die Menschen nicht davon, kommen sie auch nicht auf die Idee. Soll ich sie in diesem Glauben belassen? Was ist besser? - Was ist richtig?

In der näheren Umgebung erschöpft sich irgendwann das Thema, oder ich will bewusst mit bestimmten Personen nicht darüber sprechen. Je nach dem. Doch das Bedürfnis bleibt. Der Wunsch nach einem Gesprächspartner, den dieses Thema genauso interessiert wie mich.
bottom of page